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Filmstill Soul

Disney/Pixar

„Soul“ ist ein bezauberndes animiertes Meisterwerk

In seinem 23. abendfüllenden Spielfilm liefert das Pixar Animation Studio einen hervorragenden Film und widmet sich den großen Fragen des Lebens.

Von Philipp Emberger

Bereits in den ersten Sekunden, wenn das bekannte Disney-Intro mit Schloss und Feuerwerk zu sehen ist, wird klar, was hier gespielt wird: Jazz. Joe Gardener, der im Original von Jamie Foxx gesprochen wird, ist Musiklehrer in New York City an einer Middle-School und die erste afroamerikanische Hauptfigur in der über 30-jährigen Pixar-Unternehmensgeschichte.

Als Lehrer ist Joe Gardener im Schulalltagstrott gefangen und schafft es nicht, seine grenzenlose Begeisterung für Musik auf seine Schüler*innen zu übertragen. Insgeheim träumt Joe aber sowieso davon, als bejubelter Jazz-Musiker auf der Bühne zu stehen.

Filmstill Soul

Disney/Pixar

Joes (Stimme: Jamie Foxx) größter Traum, auf der Bühne als Jazz-Musiker zu stehen, könnte bald wahr werden

Dieser Traum könnte tatsächlich bald wahr werden. Sein ehemaliger Schüler Curley lädt ihn ein, die Jazz-Legende Dorothea Williams (im Original mit der Stimme von Angela Bassett) auf dem Piano zu begleiten. Das Vorspielen klappt, der Auftritt steht – doch bevor es soweit kommt, stürzt Joe auf dem Heimweg vom Vorspielen glücksüberströmt in die Kanalisation. Bei dem Todessturz wird seine Seele vom Körper getrennt und befindet sich nun auf einem Förderband ins Jenseits - oder wie das weiße Licht hier genannt wird: The Great After.

Mit der festen Absicht im Kopf, dass sein Leben kurz vor dem Auftritt seines Lebens nicht so einfach enden darf, flüchtet Joe vom Förderband und landet in einer pastellfarbigen Welt, in der alle Seelen wohnen, bevor sie auf der Erde materialisiert werden.

In dieser Welt, genannt The Great Before, werden Leidenschaften und Persönlichkeit (“I’m an agreeable skeptic who’s cautious yet flamboyant”) der Seelen entwickelt. Dort trifft Joe auf Problemseele 22, im Original gesprochen von Tina Fey. Die existenzialistisch denkende 22 will partout nicht auf die Erde und hat zuvor schon Mentor*innen wie Aretha Franklin, Albert Einstein oder Mutter Theresa weinend zurückgelassen. Nun soll Joe, der mit der falschen Identität eines Nobelpreisträger im Great Before hofiert, 22 das Leben auf der Erde schmackhaft machen und ihr zu ihrer noch letzten fehlenden Leidenschaft verhelfen.

Pixar wird erwachsen

Der 23. abendfüllende Spielfilm des Animationsstudios Pixar, das 2006 endgültig vom Disney-Konzern übernommen wurde, ist der bisher erwachsenste Film des Animationsstudios. Die Macher*innen spüren in „Soul“ der Frage nach, was uns Menschen ausmacht, wie unsere Leidenschaften unsere Persönlichkeit formen und wie wir rausfinden, womit wir unser Dasein füllen wollen.

Filmstill Soul

Disney/Pixar

Joe (rechts) versucht im Great Before der skeptischen 22 das Leben schmackhaft zu machen

Soul Plakat

Disney/Pixar

„Soul‘“ ist ab 25. Dezember auf dem Streamingdienst Disney+ zu sehen.

Dazu gestalten sie eine optisch surrealistisch angehauchte Welt und spendieren dem Film einen humanistischen Grundton. Die Prämisse von „Soul“, dass wir alle für etwas geboren sind, wird von den kubistischen Strichfiguren, die den jungen Seelen auf ihrem Weg hin zu ihren Leidenschaften helfen sollen, verkörpert.

An dem minimalistisch-kubistischen Look des Great Before dürfte auch Pablo Picasso Gefallen finden, dessen Werke den Pixar-Animationsdesigner*innen wohl Inspiration gewesen sind. Es ist nicht das erste Mal, dass die Pixar-Macher*innen sich in der Kunstgeschichte bedienen. In „Wall-E“ trifft der Müllroboter etwa auf Gemälde Vincent van Goghs. Picasso bleibt im Film übrigens nicht die einzige Anspielung auf reale Personen.

Mastermind Pete Docter

Verantwortlich für den Film ist das Pixar-Mastermind Pete Docter. Mit den Filmen „Oben“ und „Alles steht Kopf“ hat Docter in der Vergangenheit bereits große Erfolge gefeiert und je einen Oscar als Bester Animationsfilm gewonnen. Der Erfolgslauf dürfte mit „Soul“ nun weitergehen.

Docter gelingt es gemeinsam mit Co-Autor Kemp Powers, der maßgeblich für die PoC-Hauptfigur verantwortlich ist, das Konstrukt der menschlichen Seele zu abstrahieren und in eine wundervolle Geschichte mit reizenden Ideen zu integrieren.

Filmstill Soul

Disney/Pixar

Jazz-Legende Dorothea Williams (Stimme: Angela Bassett) möchte Joe in ihrer Band

Wenig verwunderlich für einen Film mit musikalischem Schwerpunkt, hat Pixar sich für die Musik hochkarätige Unterstützung geholt. Musiker Trent Raznor von den Nine Inch Nails und Produzent Atticus Ross haben in der Vergangenheit etwa „The Social Network“ von David Fincher musikalisch untermalt (und dafür einen Oscar gewonnen) und sind nun für die Musik im neuesten Pixar-Animationsfilm verantwortlich.

Die Drehbuchautoren Pete Docter, Mike Jones und Kemp Powers schaffen eine tiefgründige Geschichte, die philosophisch angehaucht ist, und verknüpfen diese mit einer nicht nur optisch bezaubernden Welt und existenzialistischen Gags.

Die behandelten Themen, etwa was die menschliche Existenz ausmacht, sind auf leichte Art und fantastische Weise umgesetzt und machen „Soul“ zu einem außergewöhnlichen und wunderbaren Film über Leidenschaft, Leichtigkeit und das Leben.

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