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Anda Morts

Universal / Mom I Made It

Anda Morts ist unser FM4 Soundpark Act im Juni

Anda Morts ist Punk, super, und unser FM4 Soundpark Act im Juni.

Von Lisa Schneider

„Nett, zumindest aber kein Arschloch“, antwortet Anda Morts auf die Frage, wie er sich denn einen Fan seiner Musik vorstellt. Am kurz Seufzen und Überlegen und verdattert Schauen merkt man, dass er sich darüber noch nie den Kopf zerbrochen hat. Anda Morts macht einfach. Dass sich das alles leichter anlässt, mit Labelvertrag und einem prinzipiellen Aufschwung des selbstgewählten Genres an der Schnittstelle von Punk und Neuer Deutscher Welle, sei dahingestellt.

Es ist ja dann trotzdem noch was anderes da, wenn Andreas Schneider, so der bürgerliche Name, einem gegenüber im FM4-Studio dasitzt. Das ist kein Typ, der immer unbedingt auf die Bühne wollte. Das ist kein born entertainer, das ist niemand, der zu viel, oder überhaupt nur ein bisschen was drauf gibt, was andere von ihm denken. Vermutlich, weil er im Leben schon Einiges gesehen hat, und das, obwohl er grade mal mitten in der quarter life crisis steckt. Vermutlich auch, weil man schon was lernt, wenn man auf den Linzer Straßen nicht nur aussieht, sondern auch lebt wie ein Punk. In seinen mittleren Teenagerjahren hat Anda sich einen Iro geschnitten, den Schlafsack oder eben keinen Schlafsack geschnappt und ist losgezogen. Draußen übernachten und schauen, was der nächste Tag so bringt. „Ausschauen wollt’ ich wie so ein 80er-Jahre-Punk“, sagt er, und schnell hintendran: „hab’ ich dann eigentlich eh“.

„Nein, du hast dich gut entwickelt / siehst nicht mehr so aus wie diese Punks“ singt Anda im Lied „Adidas für Mama“, einem vor allem guten Song für die, die mal 14 Jahre alt und in irgendeiner Art und Weise rebellisch waren. Anda Morts schreibt straighte Songs und straighte Texte, wie sehr sich das abnutzt, wenn man sie mehr als hundertmal gehört hat, wissen wir jetzt noch nicht. Denkt euch hierhin aber ein Zitat über die oft gehörte Tatsache von einfachen Dingen, die die besten sind etc., etc.

Anda Morts

Lisa Schneider / FM4

Manchmal sind die Fotos, auf denen man weder Logo noch Gesicht sieht, die besten! Anda Morts war da.

Ob er das Gefühl hat, er schlüpfe in eine Rolle, wenn er auf die Bühne geht? So die nächste Frage an Anda, der sich wie erwähnt in diese Rolle als Befragter und Mensch, der jetzt ganz vorn am Mikro steht, erst noch hineingewöhnt. Und dann sagt er eine sehr gute Sache: „Musik gefällt mir besser, wenn man merkt, wer sie macht. Mich interessieren Künstler nicht so, die was darstellen. Ich find’ den Ausdruck spannender.“

Mit 2. Juni erscheint die erste EP von Anda Morts unter dem schlichten Titel „Morts“. Endlich wieder räudig und Birkenstocks mit Socken, rausgewachsenen blonden Haarsträhnen und selbstgestochenen Tattoos (oder solche, die derselben Ästhetik folgen). Anda Morts mag frisch gekühltes Bier, nette Wortspiele und -drehungen und ganz sicher kein Yoga. Rein optisch also geht sich das gut aus zwischen Bands wie Viagra Boys oder IDLES, jedenfalls aber ist die Neue Deutsche Welle, die gerade auch im heimischen Pop wieder groß Einzug hält, auch über Anda Morts nicht hinweggeschwappt.

Das Interview führen wir in schönstem Linzer Slang, in seine Songtexte schleichen sich dann interessanterweise aber Wörter wie „kucken“ ein, „grantig“ wird gegen „wütend“ getauscht. Das ist vielleicht auch schon die einzige Sache, die kurz schade ist an den ersten Liedern von Anda Morts, weil er’s ja weiß, wie gut das geht, mit dem Dialekt und dem Punk.

Dem Ur-Punk: In Linz kommt natürlich niemand, der aufwächst und auch nur gern drei bis fünf Töne hört, an Attwenger vorbei. „Mein Papa hatte im Auto immer zwei CDs von Attwenger, die hab’ ich immer noch“. Auch im Video zur Single „Leere Flaschen“ trägt er ein T-Shirt dieser besten Quetschnpunkgruppe. Sein Wunschlied für die damalige Soundpark-Ausgabe ist „War das etwa Haschisch“ von Georg Danzer.

Vielleicht hat Anda sich die deutsch-deutschen Worte ja auch ein bisschen von seiner anderen Band Die Partie abgeschaut. Geschrieben hat er zwar schon lang davor, und das sympathischerweise immer auf Papier („Sonst kann i nix durchstreichen!“), aber eben bis vor etwa drei Jahren immer auf Englisch. Wenn Anda Morts Punk war und ist, dann ist Die Partie im Vergleich dazu eine liebenswürdige Indierocktruppe, ganz sicher aber behutsamer im Umgang mit Gitarre, Übersteuerung und Texten zwischen hoch angelegtem Alkoholkonsum und Scheißdrauf. Im Großen und Ganzen gehört aber auch Anda Morts genau da dazu: Er schreibt als ein neuester Vertreter einer vielleicht nicht auf den ersten, aber auf den zweiten Blick sicherlich sanften Welle an Rockmusiker*innen, denen die Stimme kratzt und die drauf pfeifen.

EP Cover Anda Morts "Morts"

Mom I Made It

„Morts“ heißt die erste EP von Anda Morts und erscheint via Mom I Made It.

Und er schreibt Lieder über die Tage danach, über die Sonntags-, Montags- oder Mittwochsdepression, sprich: die schon angebrochene, möglicherweise verpatzte Zukunft. Rausch hat nicht immer nur mit Alkohol zu tun. Jede*r, der oder die diese ganz eigene Losgelöstheit vom Selbst nach einer schönen, wichtigen, sicher aber intensiven Erfahrung schon einmal gespürt hat, weiß Bescheid. Heimkommen aus dem Urlaub, heimkommen vom Festival, heimkommen von der Tour und merken, dass sich die Welt daheim ja tatsächlich doch auch ohne eine*n weitergedreht hat. Heimkommen und Wäsche waschen, Milch kaufen, die Wohnung aufräumen. Alles eingestaubt, alles wurscht. Früher hätte man das als Künstler-Bürger-Streit verbucht.

Die Themen auf Anda Morts’ erster EP sind zu diesem ganz bestimmten Grad selbsteinsichtig, als dass sie eben nicht mehr in die Head-in-the-clouds-Adoleszenzphase fallen, aber noch nicht so abgeklärt, als dass da nicht noch ein- bis zwei (kopflastige) Kleidergrößen drin wären. „Wir brauchen das in Hamburg“ schreiben sie ihm auf Instagram oder auf Youtube in die Kommentare. Anda ist am Weg, das wird noch gut.

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