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Elisabeth Scharang zu Besuch bei einem Probeeinsatz der Bergrettung

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FM4 Field Recordings

Kein Platz für Heldentum

Wer sind die Menschen, die das persönliche Risiko auf sich nehmen, Menschen aus Notsituationen am Berg oder aus Lawinen zu retten? FM4 Field Recordings von einer Einsatzübung der Bergrettung in der Salzburger Strubklamm.

Von Elisabeth Scharang

Es ist 8 Uhr Früh und ich bin heilfroh, dass es an diesem Morgen nicht regnet. Die dreißig Frauen und Männer, die sich am Parkplatz nahe der Strubklamm treffen, sind von der Ortsgruppe Flachgau. Bei der Bergrettung zu arbeiten, das bedeutet Gletscherspaltenbergung, Lawineneinsatz, Felsenausbildung, Eisklettern und Einsätze in der Schlucht, um Verletzte beim Canyoning zu bergen. „Wir haben in unserer Ortsgruppe im Flachgau 130 Einsätze im Jahr, also ein Einsatz fast jeden dritten Tag“, erzählt Ortsgruppenleiter Roland Schimpke.

Über 13.000 Bergretterinnen und Bergretter sind ehrenamtlich und in ihrer Freizeit in Österreich im Einsatz. Nachwuchsprobleme gibt es keine. „Ich war früher mit meinen Freundinnen am Berg. Aber ich wollte immer höher hinaus und da sind die anderen nicht mitgezogen“, erzählt Sabine. Die Salzburgerin arbeitet in der IT-Branche. Bei der Bergrettung absolvierte sie in den letzten Jahren alle Spezialausbildungen und hat Gleichgesinnte gefunden, mit denen sie auch ohne Einsätze regelmäßig Touren geht. Im Sommer wie im Winter.

Elisabeth Scharang zu Besuch bei einem Probeeinsatz der Bergrettung

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Elisabeth Scharang zu Besuch bei einem Probeeinsatz der Bergrettung

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Elisabeth Scharang zu Besuch bei der Bergrettung: Die FM4 Field Recordings am 29.Mai von 13 bis 15 Uhr, im FM4 Player und als Podcast.

„Man muss einander gut kennen und sich aufeinander verlassen können für die Einsätze unter schwierigen Bedingungen“, sagt sie, deshalb gibt es für Neueinsteiger wie Günther ein Probejahr. Der junge Salzburger ist Medizintechniker. Was ihn mit den anderen Bergretter*innen in der Gruppe verbindet: die Liebe zum Bergsteigen und der Wunsch, einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten und Menschen, die in Not geraten, zu helfen.

Paarweise checken die Bergretter*innen das Equipment, die Karabiner, die Schlaufen und Seile; dann marschieren wir los. Die Strubklamm ist ein sehr beliebtes Canyoninggebiet. Bevor die Saison losgeht, werden die Einstiegsstellen geprüft, um bei Einsätzen schnell agieren zu können. Das Gelände ist rutschig vom vielen Regen der vergangenen Wochen; ich muss mich konzentrieren, um in dem steilen Gelände nicht abzurutschen.

Elisabeth Scharang zu Besuch bei einem Probeeinsatz der Bergrettung

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Während sich zwei Bergretter*innen mit einer Trage abseilen, mit der im Ernstfall verletzte Menschen aus der Schlucht geborgen werden, frage ich Claudia, wie sie mit der psychischen Belastung umgeht. Wie verkraftet sie das, wenn man Tote bergen muss? „Die größere Belastung sind meist die Angehörigen“, erzählt Claudia. „Wenn jemand vermisst wird und wir eine Suchaktion starten, ist natürlich die Anspannung bei den Angehörigen groß. Wir müssen in solchen Situationen immer abwägen, wieviel Risiko wir eingehen können, zum Beispiel wenn das Wetter umschlägt oder die Lawinengefahr groß ist, und wann wir umkehren und die Suchtaktion abbrechen müssen.“

Außerdem gibt es eine Peer-Gruppe, also Menschen innerhalb der Ortsgruppe, die Ansprechpersonen sind, um psychische Belastungen nach einem Einsatz zu besprechen. „Wir sitzen außerdem meistens nach einem Einsatz noch zusammen“, erzählt Roland. „Das Reden hilft.“ Es sei nicht mehr so wie früher, ergänzt Claudia, dass jeder das mit sich alleine ausmacht. Das habe sich auch dadurch verändert, dass viel mehr Frauen bei der Bergrettung sind.

Elisabeth Scharang zu Besuch bei einem Probeeinsatz der Bergrettung

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Die beiden Bergretter*innen werden mitsamt der Trage aus der Schlucht gezogen. Ein mühsames Unterfangen. Es ist rutschig. Alles sind konzentriert bei der Sache. Die beiden, die im Seil hängen, sind abhängig davon, dass oben niemand einen Fehler macht. „Du lernst bei der Bergrettung persönliches Risikomanagment, also wie sehr du dich auf dich selbst verlassen kannst“, erzählt Barbara. Sie arbeitet im Krankenhaus in Salzburg. Als Kind war sie mit ihrem Vater viel in Höhlen unterwegs, heute sind es die Gipfel, die es ihr angetan haben. „Wenn ich privat in den Bergen unterwegs bin, ist der Gipfel für mich das wesentliche Ziel. Da oben zu stehen ist der perfekte Tag. Aber ich hab auch gelernt, rechtzeitig umzudrehen.“

Elisabeth Scharang zu Besuch bei einem Probeeinsatz der Bergrettung

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Die FM4 Field Recordings am Pfingstmontag

Zwischen Abseilen und Einsatzbesprechungen rede ich mit den Bergretter*innen über Selbsteinschätzung, falsches Heldentum, den Einsatz von Drohnen und warum es trotz technischer Hilfsmittel wie GPS, Wetterapp und Lawinenpiepser viel mehr Einsätze für die Bergrettung gibt als noch vor zehn Jahren.

Die FM4 Field Recordings am 29.Mai von 13 bis 15 Uhr, im FM4 Player und als Podcast.

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