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„Talk To Me“: Der Spiritisten-Schocker für die GenZ & die Firma dahinter

Von “Hereditary” über “The Witch” bis “Midsommar” und „Bodies Bodies Bodies“: Das US-Filmstudio A24 steht für avanciertes Gänsehautkino abseits von Fließband-Schockern. Der neueste Horror-Hype heißt „Talk To Me“, eine Geisterbeschwörungs-Thriller im aktuellen Teenager-Milieu.

Von Christian Fuchs

„Sprich mit mir!“, dass ist in diesem Film keine Aufforderung an einen Beziehungsparter, kein Elternteil, der ein Kind anbrüllt, kein Satz aus einem Mafia-Verhör. Wir befinden uns im Terrain des zeitgenössischen Horrorkinos und es geht um die Kommunikation mit einem Geist. „Talk To Me“, der neueste Schocker der tonangebenden Arthouse-Firma A24, nähert sich einem geradezu klassischen Gruselthema mit neuen Blickwinkeln.

In dem Film der australischen Zwillingsbrüder Danny und Michael Philippou steht die mysteriöse Skulptur einer Hand im Mittelpunkt, die den Kontakt mit Toten ermöglicht. Im Besitz einer Gruppe naiver und verantwortungsloser Kleinstadt-Jugendlicher richtet das Relikt besonderen Schaden an. Grimmige Videos von Besessenen machen auf Handys die Runde, es wird geheimnisvoll getuschelt und getratscht.

Auch Mia (Sophie Wilde) und Jade (Alexandra Jensen), zwei beste Freundinnen, beschließen, selbst an einer Séance teilzunehmen, die regelmäßig in einer Teenager-Bude stattfindet. Dort schlägt das gefährliche Spiel bald in tödlichen Ernst um. Als Mia die verheerenden Worte „Talk To Me!“ ausspricht, sieht sie sich mit ihrer verstorbenen Mutter konfrontiert. Völlig paralysiert übersieht die junge Frau das strenge Zeitlimit, das bei dem Beschwörungsritual essentiell ist. Die Tür zu einer anderen Dimension, die sich in so vielen aktuellen Filmen und Serien auftut, sie öffnet sich auch hier einen Spaltbreit.

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YouTube-Komödianten und ihr todernstes Spielfilmdebüt

Die dämonische Porzellanhand mit ihrer ungreifbaren Macht könnte zwar aus einem schaurigen Hammerfilm der 60er Jahre stammen. Ansonsten ist „Talk To Me“ aber gänzlichen in der gegenwärtigen GenZ-Realität verhaftet. Australische Medien sprechen gar von der besten Darstellung jugendlicher Kulturen in einem Kinofilm seit Jahren.

Vielleicht hat dieses Gefühl der Authentizität auch damit zu tun, dass hier keine Boomer im Regiesessel sitzen. Danny und Michael Philippou spiegeln in ihrem Spielfilmdebüt eigene Beobachtungen und Erfahrungen wider, die noch nicht so lange zurückliegen. Es gibt Szenen in „Talk To Me“, die erinnern an raue Indiedramen auf der Viennale.

Die Liebe zum effektgeladenen und blutigem Genrekino wiederum zelebrierten die Brüder auf ihrem YouTube-Kanal „RackaRacka“. Dort übten die Australier für zukünftige Filmprojekte vor einem Millionenpublikum, tobten sich mit wüsten Gags irgendwo im Grenzbereich von Horror und Komödie aus. Humor fehlt in „Talk To Me“ zur Gänze, der Tonfall ist im wörtlichen Sinn todernst. Den Zwillingsregisseuren ist ein solider Schocker gelungen, der Coming-Of-Age-Emotionen und geisterhafte Jump Scares zugleich bietet.

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(Alb-)Traumfilm-Fabrik A24

Wer sich am verwaschenen Begriff solide stößt: Die ganz große Welle der Vorab-Begeisterung, die durch das Netz schwappte, rechtfertig „Talk To Me“ eher nicht. Vor allem im Kontext mit anderen Horrorwerken der Ausnahme-Company A24.

Bei der amerikanischen Independent-Produktionsfirma sind nicht nur Ari Aster und Robert Eggers zuhause, die Könige des avancierten Schreckenskino unserer Tage. Mit Werken wie „Hereditary“ und „The Witch“, „Midsommar“ und „The Lighthouse” eroberten sie ein neues, junges und intellektuell angehauchtes Publikum für das Horrorgenre.

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Aber auch Thriller wie „Saint Maude“, „It Comes At Night” oder “Bodies Bodies Bodies”, deren Spektrum von Okkultismus über Endzeitpanik hin zu Millenial-Befindlichkeiten reicht, stehen für den magic touch der A24 Macher:innen. Neuester und ungewöhnlichster Streich der amerikanischen (Alb-) Traumfilm-Fabrik: Ari Asters düsteres Paranoia-Drama „Beau Is Afraid“, eine moderne Höllenfahrt. Dagegen ist „Talk To Me“ fast milde, aber dennoch sehr empfehlenswerte Geisterfilm-Kost.

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