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Der Song zum Sonntag: boygenius & Ye Vagabonds - „The Parting Glass“

Ein Abschiedslied: boygenius haben gemeinsam mit Ye Vagabonds „The Parting Glass“ von Sinéad O’Connor gecovert.

Von Lisa Schneider

Stell’ dir vor, du bist in Irland. Türen rot, Nebel grau, alles andere grün. Es gibt vielleicht wenig bessere Orte, mal so gesamtkitschig über den Sinn des Lebens nachzudenken und über die Momente, die man in einem kleinen Stundenglas für immer behalten will. Sinéad O’Connor ist 1966 in Dublin geboren worden, im heurigen Juli ist sie im Alter von 56 Jahren verstorben. boygenius und die irische Folkgruppe Ye Vagabonds haben jetzt gemeinsam ihren 2002 veröffentlichten Song „The Parting Glass“ in einer Coverversion neu aufgenommen. Es ist ein irisches, eigentlich aber auch ein schottisches Volkslied.

Of all the money that e’er I had
I have spent it in good company
Oh and all the harm I’ve ever done
Alas, it was to none but me

Alas! Wer verwendet heute noch solche Wörter, super, aber eh klar, hier sind wir irgendwo damals zuhause, es geht um Wurzeln und Weitergabe und die großen Menschheitsgedanken. Was ist da also, schaut man zurück und nicht nur auf die schönen Haustüren mit den dicken, goldenen Knäufen, da sind die ganzen Münzen, die man in Bars gelassen, da sind die Menschen, denen man weh getan hat. Es fällt eh alles immer noch auf eine:n selbst zurück, weil kein Weh tut so weh wie das, das man selbst verschuldet hat.

Of all the comrades that e’er I had
They’re sorry for my going away
And all the sweethearts that e’er I had
They would wish me one more day to stay

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Und trotzdem war’s ja ein gutes Leben, einer geht noch, der ist immer gegangen. Mutig ist das alles deshalb, weil’s eh niemand machen will, sich den Moment vorstellen, kurz vor der Kippe oder dem Absprung oder dem Klippenabsprung. Mutig ist das auch, weil da keine Wehmut dabei ist, obwohl sie eigentlich nur in genau dem Moment gerechtfertigt wäre. All die blöden Sager von „live fast / die young“ kommen von denen, die hochstapeln, wenn’s um die wichtigen Lebensbeziehungen geht und die Situationen, vor denen man sich dann doch lieber verstecken würde.

Da kommt das Wort „joy“ vor, und alle hören die Glocken bimmeln. Man darf sich das ruhig schon ein bisschen vorweihnachtlich anhören, traurig und saftig und feierlich. Phoebe Bridgers, neben Julien Baker und Lucy Dacus das dritte boygenius-Mitglied, setzt hier eine kleine Musiktradition fort. Frühere „holiday songs“ heißen etwa „So much wine“ (2022), „Day After Tomorrow“ (2021) oder „If We Make It Through December“ (2020). Eh oft gehört die Phrase der besinnlichen Tage und des Einkehrens, daheim und im Kopf, wieso aber eigentlich auch nicht. Good night and joy be to you all.

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