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Regentropfen auf einem Regenschirm

C00

MARC CARNAL

Gutes Wetter soll schlechtes und schlechtes gutes Wetter werden

Die Klimakatastrophe gebietet ein Update in unserem Sprachgebrauch - wir sollten bei Sonnenschein von schlechtem Wetter und bei Regen von Traumwetter sprechen.

Eine Kolumne von Marc Carnal

Liebe FPÖ-Fans, es tut mir wirklich leid, wenn ich diesen von Zwangsgebühren finanzierten Staatsfunk-Text gleich mit zwei Tatsachen beginne, die euch nicht schmecken dürften, aber es muss sein. Erstens: Die menschengemachte Klimakatastrophe steht vor der Tür! Sorry to say so. Und zweitens: Sprache schafft Bewusstsein und damit Realitäten. Das gilt beispielsweise für den Gender-Terror oder die ganzen Sprechverbote von der Woko Haram. Ja, so isses halt, liebe Rechtsradikale: Heutzutage darf man nicht einmal mehr das N-Wort sagen, wenn man die intersexuellen Kids blackfaced. Ja nicht einmal die Wiener Austria darf man noch als schwul beschimpfen. Schwierige Zeiten sind das, in denen wir da leben, I know.

Und jetzt müsst ihr ganz stark sein, denn das war noch nicht alles. Als Oberinspektor der Sprachpolizei möchte ich jetzt nämlich noch einen Schritt weiter gehen und anregen, künftig anders über das Wetter zu sprechen. Dass es uns nämlich im Spätherbst statt auf die Skisprungschanzen in die Freibäder treibt und im Mitte Jänner die Ranunkeln erblühen, ist - sehr vereinfacht ausgedrückt - nicht gut. Wir sollten deshalb die gesellschaftlich etablierte Unterscheidung zwischen gutem und schlechtem Wetter überdenken und am besten sprachlich umkehren. Wenn wir uns zu Neujahr in der Frühlingssonne schwitzen, dürften wir nicht mehr von schönem Kaiserwetter sprechen. Kälte und Niederschlag sollten wir dagegen nicht länger verteufeln, sondern als Traumwetter bezeichnen.

Von einem durchgehend wolkenlosen Mittelmeer-Urlaub sollte man nicht länger freudestrahlend berichten. “Ich sag’s euch, das Wetter war schrecklich! Wir wollten so gern ein bisschen Regen tanken, aber es hat praktisch zwei Wochen durchgeschienen.” Die Kleinen sollten bei Wind und Regen draußen herumtollen, während man sie bei Sonnenschein maßregelt: “Ach Kinder, was müsst ihr auch bei dem Wetter draußen spielen? Wie soll ich denn diese hartnäckigen Flecken jemals wieder aus eurer Haut kriegen?” Sitzt man bei wolkenlosem Himmel im Wirtshaus, ergeben sich durch die von mir angeregte Umkehrung ganz neue Sauf-Ausreden: “Ich sollte ja eigentlich wirklich heim, aber wollen wir noch ein Achtl trinken, bis die Sonne ein bissl aufgehört hat?”

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Auch viele Redewendungen und Sprichwörter gilt es zu überdenken. Einen Menschen, der sich alleine in der Sonne stehen gelassen fühlt, könnte man beispielsweise so trösten: “Was ist denn los mit dir? Du schaust ja drein wie sieben Tage Hochdruckwetter! Aber du wirst sehen, bald scheint die Sonne nicht mehr!” Zu einem Menschen mit sonnigem Gemüt kann man dagegen… nein, falsch! Wir beginnen den Satz nochmal von vorne: Zu einem Menschen mit regnerischem Gemüt, also beispielsweise einem jungen Rainyboy mit niederschlagsreichem Gemüt, der auf der Wetterseite des Lebens steht, kann man dagegen sagen: “Na du strahlst ja über beide Ohren, mein kleiner Regenschauer!”

Ich weiß, dass ich mit meinen radikal-semantischen Ideen das Klima nicht retten werde, bin aber einerseits überzeugt, dass sich auch meteorologische Rollenbilder sprachlich aufbrechen lassen und mir andererseits bewusst, dass dieser Text jetzt runderweise mit der stärksten und lustigsten aller Regen-Sonne-Umkehrungen enden müsste, aber ich hab mein Pulver in den letzten beiden Absätzen verschossen, ich sag’s euch wie es ist. Aber warum nicht mal einen Text einfach so beenden:
LG Marc

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