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Elisa Past im FM4 Studio

Alexandra Rodriguez

Wortlaut 2023

Mit „Fangirling“ gewinnt Elisa Past den 3. Platz bei Wortlaut

Was ist ein Fangirl ohne Fandom? Mit „Fangirling über den Typen vom Edeka Pfandflaschenautomaten“ gewinnt Elisa Past den dritten Preis bei Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb.

Von Alexandra Rodriguez-Breña

Mitten im April haben wir das diesjährige Thema „Scharf“ bekannt gegeben, und uns erreichten über 600 Kurzgeschichten. Texte über Tindergeschichten und Alltagstrott, über Chilipflanzen und rote Kleider. Und ein ganz besonderer Text, der uns zugeschickt wurde, handelt von Obsessionen, dem Schmachten und Fangirltum: „Fangirling über den Typen vom Edeka Pfandflaschenautomaten“ von Elisa Past gewinnt in diesem Jahr den dritten Platz bei Wortlaut. Diese Kurzgeschichte beginnt so:

Ich wusste es schon, bevor ich ihn überhaupt kennengelernt habe
Ich hab sein Bild auf dem Aushang für die Stelle gesehen und ich wusste es einfach, nicht bewusst; nicht als Vorhaben oder klaren Gedanken,
Und es mag extremer klingen als gewollt, aber es war doch klar, sollten wir zusammen arbeiten, würde er für begrenzte Zeit Mond Sonne Sterne Zentrum meines Universums sein

„Scharf“ war 2023 das Thema von Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb. Rund 600 Texte kamen bei uns an - wir bedanken uns für jeden einzelnen!

Schon im Vorjahr hat Elisa Past den dritten Platz beim FM4 Wortlaut Wettbewerb abgestaubt. Im Interview erzählt sie, dass sie nicht glauben kann, wieder hier zu sein: „Es ist total seltsam, weil ich noch irritierter darüber bin, dass man meine Texte sogar noch ein zweites Mal lesen und drucken möchte. Aber es freut mich.“ Nächstes Jahr hofft sie auf den ersten Platz: „Und dann vielleicht ohne Rechtschreibfehler.“

Buchcover Top 10 Wortlaut zum Thema "scharf"

Luftschacht Verlag

Elisa Past ist 26 Jahre alt, aufgewachsen in Freysing bei München und lebt heute in Regensburg, wo sie eine Buchhandelslehre macht. In Wien hat sie auch einmal gewohnt, das war allerdings nur für kurze Zeit, und dann kam der Lockdown: „Im Endeffekt hab ich das Jahr in Wien vor allem in meiner Wohnung verbracht, viel mit meiner Schwester ‚Bauer sucht Frau‘ geguckt und dann bin ich auch schon wieder zurück nach Deutschland gezogen.“

Wo Elisa wohnt, scheint aber egal zu sein, denn ihr Zugang zum Schreiben zeigt, dass verschiedene Internet-Referenzen in Deutschland wie Österreich dann doch wieder recht gleich sind: Elisas Kurztext heißt „Fangirling“ und im Interview geht es um FanFictions und geeky Musikwissen, um Hyper-Fixation und Mild Obsessions und noch mehr. Elisa entpuppt sich selbst als Fangirl, war als Teenie K-Pop Fan und liebt heute Jane Austen (Bücher und Filme!). In ihrem Text schreibt sie darüber, wie sich das Fangirltum aufs Liebesleben verschieben kann.

Denn ich bin ein geborenes Fangirl
Leicht zu entertainen und so gut darin jemanden zu glorifizieren
Jemanden anzuhimmeln; jemanden von unten kniend auf ein Podest zu stellen und mich wie ein kleiner Wurm; ein winziges Würmchen darunter zusammenzuwinden
Ich kann mich so wunderbar begeistern, so endlos, so aufopfernd
Ich brauche so wenig so lächerlich wenig
Einen koordinierten Griff zur Kassenlade, damit sie mir nicht in den Bauch schnellt
Ein albernes Tattoo auf dem Unterarm; oder auch zwei
Rote Backen, nen lustigen Nachnamen und/oder ein großes Mitteilungsbedürfnis über die Fadenzahl der häuslichen Sofakissen oder ähnlich irrelevante Tatbestände und voilà
Es ist ein Spaß

„scharf“ war 2023 das Thema von Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb.

Das ist die heurige Longlist, und das die Shortlist.

Und das sind die besten drei:
Platz 1 - Janett Lederer
Platz 2 – Nikolai Köhle
Platz 3 - Elisa Past

Alle Infos zu Wortlaut

Was Elisa dazu gebracht hat, diesen Text zu schreiben? „Ich würde sagen, mein Leben lief einfach gerade ein bisschen zu gleichmäßig. Alles war so weit fein, aber irgendwie war mir dann ein bisschen langweilig. Da ist es mir einfach wieder aufgefallen, wie leicht es ist, sich im Alltag irgendwas zu suchen, wo man sich ein bisschen hyper-fixatet.“ Im letzten Jahr hat sich bei Elisa viel getan, sie ist nach Regensburg gezogen und hat dort eine Ausbildung zur Buchhändlerin begonnen. Die Arbeit im Buchhandel sei abwechslungsreicher als gedacht: „Ich hatte davor eher die Vorstellung, man ist da vor allem im Kundenkontakt. Aber in dem Laden, in dem ich jetzt bin, machen die auch sehr viele Veranstaltungen. Die organisieren Kinderbuchtage und Lesungen und haben auch noch das Schulbuchgeschäft. Ich finde es sehr interessant, wenn die Vertreter:innen (der Verlage, Anm.) kommen und man die neuen Programme durchgucken kann. Ich fand es auch ganz aufregend, dass einige, die bei FM4 auch mal gewonnen haben, dann tatsächlich in diesen Programmheften mit ihren Büchern aufgetaucht sind. Das fand ich natürlich auch sehr cool, weil ich dachte: Ach, kenne ich doch!“

Elisa Past im FM4 Studio

Alexandra Rodriguez

Elisa Past

Der Soundtrack zum Text

  • „Hypotheticals“ von Fran Vasilić
  • „Mein Leben ist monoton“ von Betterov
  • „Never be yours“ von My Ugly Clementine

Ich denke an all die ABCDEs die an allen Stellen meines Lebens so viel Aufmerksamkeit bekamen, deren Abwesenheit so schmerzte und all die XYZs deren Augensäfte für mich rannen und die nie was zurückbekamen außer stille Freude über die erfolgreiche Jagd und ein „sorry hab keine Gefühle“
Ich frage mich wie lange ich noch ein Fangirl bleiben kann
Aber wenn man sich schon eine Romanze ausdenkt
Dann schon Jane Austen und kein Rosamunde Pilcher

Elisa ist Jane-Austen-Fan, aber sieht es auch kritisch: „Ich romantisiere Jane Austen einfach zu sehr, aber ich denke, genau das, was damit einhergeht, diese Sehnsucht zu haben und von der Ferne zu sprechen, das macht irgendwo diese großen Liebesgeschichten aus.“

Drei Monate später schreibt F
„Er hat ja gar keine Ahnung vom Funkenflug, aber Gefühle für mich“
Kurz macht mein Herz einen Satz, kurz bin ich überrascht; ja selbstzufrieden
Eine kurze Befriedigung, dann nur noch Überdruss, ich lasse die Schultern hängen und öffne die App wieder Gleichförmige Pixel vor meinen Augen; wie alles ein Spielchen
Und ich sitze im Bus und denke „ach Lasagne steht noch im Ofen geil“
„die Wäsche muss ich noch aufhängen“

Und manchmal dreht sich das Gefühlsleben gar nicht um große Liebesgeschichten. In „Fangirling“ geht es um Träumereien und Projektionsflächen, so die Autorin: „Ich würde sagen, ich merke einfach selber immer wieder an so vielen Punkten, wie einen oft das am meisten begleitet oder rumtreibt, was man eben nicht bekommen hat, und die Obsessionen, die man sich ausmalt, oft mit der Realität halt auch gar nicht mithalten können. Ich würde mir wahrscheinlich nicht so viel Gedanken über eine Person machen oder der Person nachtrauern, wenn ich nicht so gut darin wäre - wie wahrscheinlich viele von uns -, mir die Illusion zu machen, wie toll das noch gewesen wäre. Dadurch stelle ich mir dieses Zusammensein so toll vor, wie es wahrscheinlich in der Realität nicht geworden wäre.“

Die Jury über „Fangirling“

„Eine obsessiv-gedankliche Achterbahn, besser geht’s nicht.“ „In unserer Zeit, die sehr von Ironie, Distanz und Unverbindlichkeit geprägt ist, erzählt der Text eine große Sehnsucht nach Gefühlen und nach Tiefgründigkeit, das Fangirling in unserem Kopf ist eine Art Bewältigungstherapie für die trostlose Gegenwart.“ „‚Fangirling‘ war in der Gruppe der kontroverseste Text und hat für mich jetzt auch wirklich noch ein bisschen was hinzugewonnen, nachdem wir lange darüber diskutiert haben. Es ist der Text, der mit dem Formellen am meisten spielt, der als einziger auch wirklich eine völlig andere Absatzgliederung und Interpunktion hat. Das fand ich sehr spannend.“

„Einzelne Formulierungen in diesem Text möchte ich ausschneiden und einrahmen.“ „Da geht es irgendwie darum, dass man die Leere im eigenen Leben so mit anderen Leuten füllt oder dadurch, dass man das auf Begegnungen mit anderen Leuten projiziert und sich gar nicht zu der Frage stellen muss, was bei einem selber eigentlich falsch ist, und es ist dann berührend zu sehen, wie sehr man den Sinn im Leben in einer Begegnung sucht.“

DerStandard

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Die beste Kurzgeschichte wird in DER STANDARD veröffentlicht.

Elisa Past gewinnt

Elisa Past liest ihren Text bei der Buchpräsentation im Literaturhaus in Wien, am Freitag, 24. November, ab 19 Uhr im Literaturhaus Wien (Zieglergasse 26a, 1070 Wien). Die drei besten Texte werden von den Autor:innen vorgelesen. Dort werden dann auch alle Preise überreicht.

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