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Buchtipps für Weihnachten zum Thema Zeit und Geld

Manche schenken einander nichts. Manche schenken Geld. Andere Zeit. Allen kann man auch passende Bücher schenken. Zum Beispiel: „Königswege zum Unglück“, „Geld“, „Wie viel“, „Leben in Zahlen“ und „Alle_Zeit“.

Von Zita Bereuter

„Heuer schenken wir einander nichts.“ Kann man machen. Auch oder gerade zu Weihnachten. Man kann einander auch Geld schenken. Oder Zeit. Oder Bücher zu diesen Themen.

Frank Berzbach: „Königswege zum Unglück“

„Wir schenken uns nichts mehr“, ist für den Autor und Gestalter Frank Berzbach eine Anschauung, die unglücklich macht. Ausgangspunkt war eine schlaflose Nacht. Negative und selbstabwertende Gedanken quälten Frank Berzbach und brachten ihn um den Schlaf. Er stand auf, drehte sich eine Zigarette, setzte sich an den Tisch und notierte den belastenden Gedanken auf einen Zettel: „Die Vergangenheit nutzen, um die Gegenwart zu zerstören.“

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Verlag Hermann Schmidt

Frank Berzbach: „Königswege zum Unglück“. Verlag Hermann Schmidt 2022

Er fügte noch die Nummer 1 dazu, fotografierte das, stellte es online und ging wieder ins Bett. Tatsächlich schlief er erstaunlich schnell ein. Tags drauf wunderte er sich über die vielen Reaktionen auf den Post. Offensichtlich kannten auch andere Leute derartige Gedanken.

Also schrieb er weiter. Das Schreiben nahm den negativen Gedanken die Kraft. „Durch das Aufschreiben bannte ich sie auf Papier, sie geisterten nicht mehr durch meinen Kopf. Ich gewann auf diesem Weg Abstand zu den Sätzen, hatte sie identifiziert, durchschaut und außerhalb von mir platziert.“ Das ist alles andere als „positive vibes only“. Davon hält er wenig – die „toxic positivity“ nervt ihn.

„Eine ganze Branche ist damit beschäftigt, Worte zu verkaufen, die Sie erfolgreicher und glücklicher machen sollen. Flache Sprüche und Phrasen geistern durch die sozialen Netzwerke, auf den ersten Blick klingen sie oft gut. Häufig werden sie John Lennon oder Oscar Wilde untergeschoben, obwohl die beiden keine Plattitüden von sich gaben.“ Vielmehr stellt sich Frank Berzbach auch seinen frustrierten, aggressiven Anteilen.

Schließlich hat er 101 Sätze gesammelt. Sätze, die den Schlaf rauben können. Sätze, die letztlich unglücklich machen. Die will er allerdings nicht als Ratgeber oder Checkliste verstehen. „Dieses Buch ist gefährlich, weil es negative Sätze sammelt, sogar inszeniert.“ Aber es ist wie mit einem Pilzführer. Man muss die giftigen Pilze erkennen, damit man sie nicht ausreißt. Satz 44 ist übrigens: „Wir schenken uns nichts mehr.“

Marlene Engelhorn: „Geld“

Marlene Engelhorn - Geld cover

Kremayr & Scheriau

Marlene Engelhorn: „Geld“. Kremayr Scheriau 2022

Gerne wird zu Weinachten Geld verschenkt. Aber was ist Geld? Die Millionärin Marlene Engelhorn hat sehr viel davon geerbt. „Du hast zu viel Geld? Gib es her. Du hast zu wenig? Bemüh dich. Beide Aussagen gehen am Problem vorbei und beschreiben es zugleich. ‚Zu viel‘ und ‚zu wenig‘ sind strukturell verknüpft. Ein System, das ungleich ist, wird nicht durch Einzelhandlungen gleicher.“

In „Geld“ führt Marlene Engelhorn ihre Gedanken zu Geld, Vermögen und Macht aus. „Mehr Geld ist mehr wert. Wer mehr Geld hat, ist auch mehr wert? Ich merke, ich falle aus dem Wir. Wir sind ungleich. Und das schadet beiden Seiten, gerade weil wir denken könnten, dass doch eigentlich alle Menschen gleich sind. Aber das eigentliche Eigentlich ist: Manche sind gleicher...“

Marlene Engelhorn ist für Vermögensteilung und Erbschaftssteuer. Sie will ein Umdenken in der Gesellschaft und die politischen Strukturen ändern. Statt Geld also lieber „Geld“ schenken und sich darüber Gedanken machen.

Mareice Kaiser: „Wie viel“

Mareice Kaiser: „Wie viel. Was wir mit Geld machen und was Geld mit uns macht

Rowohlt

Mareice Kaiser: „Wie viel - Was wir mit Geld machen und was Geld mit uns macht“. Rowohlt 2022

„Ich hasse Geld – und ich will es haben. Klingt wie eine toxische Beziehung, oder? Ist es auch. Und ich habe keine Chance, es zu ghosten. Denn Geld ist allgegenwärtig.“ Schreibt die Journalistin und Autorin Mareice Kaiser im Vorwort. In ihrer Familie bestimmte eine Frage den Alltag: „Können wir uns das leisten?“

Für das Buch hat sie sich mit mehreren Leuten unterhalten: sehr reichen, aber auch sehr armen. Mit einem Pfandflaschen sammelnden Rentner, einer reichen Erbin (Marlene Engelhorn, siehe oben) und mit ihrem Vater. Derartige Gespräche zu führen, ist gar nicht so einfach, weil viele nicht gern über Geld reden. Je reicher, desto weniger gesprächsbereit. Geld geht Hand in Hand mit Scham. Offen über Geld zu reden, soll das ändern.

Schließlich schreibt sie über „Die letzten Tage des Kapitalismus“. Für Mareice Kaiser ist klar – Gerechtigkeit geht in diesem System nicht. „Ich hasse Geld, weil es ungerecht verteilt ist. Und das lässt sich ändern.“

(Zusatz: Ein Interview mit Mareice Kaiser hat Savanka Schwarz von FM4 geführt. Sie sprechen über den offenen Umgang mit Geld, gerechte Verteilung, arme Menschen und wie Geld ein Thema ohne Tabu werden kann)

Charly Delwart: Leben in Zahlen.

Friedenauer Presse

Charly Delwart: „Leben in Zahlen“. Aus dem Französischen von Milena Adam. Friedenauer Presse 2022

Charly Delwart: „Leben in Zahlen“

Statistiken, Diagramme, Darstellungen zu existentiellen Fragen: Zahlen, mit denen sich das Leben des französischen Schriftstellers und Drehbuchautors Charly Delwart bestimmen lässt. Wie viele Beziehungen er beendet? Wie oft wurde er verlassen? Wie viele Quadratmeter Pizza hat er nach neapolitanischer oder römischer Art verzehrt? Wie viele Stunden am Tag hat er im Stehen, im Sitzen oder im Liegen verbracht? Im Alter von 10, 20, 30 und 40 Jahren?

Charly Delwart stellt sich gerne Fragen und vermisst so sein Leben. Das verknüpft der im Buch Anfang 40-Jährige mit persönlichen und intimen Erlebnissen und Ereignissen. Bereichert und ergänzt durch Texte ergibt sich so ein ungewöhnliches, witziges und doch intimes Portrait, das seine Beziehung zu sich und zu andern aufzeigt, seinen Körper, seine Lebensweise oder seine Gedanken zu Existenz, Religion oder Tod. Wie oft hat er seinen Kindern in einem Jahr gesagt, sie sollen den Finger nicht in die Nase stecken (340 Mal), wie oft er sich selber den Finger in die Nase gesteckt (1.460 Mal), wie oft war er in der Notaufnahme (8 Mal, davon gerechtfertigt 5 Mal), wie oft hat er sich gefragt, ob er homosexuell ist (2 Mal), wie oft hat ihn seine Mutter gefragt, ob er homosexuell ist (26 Mal). Die Zahlen werden nicht immer korrekt sein. Geschenkt. Viel wichtiger ist, dass man sich oder anderen die Fragen stellen kann.

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Ullstein

Teresa Bücker: Alle_Zeit. Ullstein 2022

Teresa Bücker: „Alle_Zeit“

Zeit ist Geld - das ist weniger eine Volksweisheit als eine kapitalistische Lebensweise. „Auf diese Weise ist uns auch die Erkenntnis abhandengekommen, dass Zeit politisch und der Kampf gegen die Zeitnot nur gesellschaftlich zu lösen ist.“ Die feministische Journalistin und Autorin Teresa Bücker zeigt, wie der Faktor Zeit unseren Alltag bestimmt. „Denn zu wenig Zeit zu haben, ist kein individuelles Problem, es ist gesellschaftlich erzeugt.“

Eine Lösung sieht sie in der „Vier-in-einem-Perspektive“ der Soziologin Frigga Haug. „Haugs 16-Stunden-Tag umfasst vier Stunden Lohnarbeit, vier Stunden Care-Arbeit (die neben der Sorge für andere auch die Sorge für sich selbst einschließt), vier Stunden kulturelle Arbeit (zum Beispiel die eigene Weiterbildung) sowie vier Stunden politische Arbeit.“ Wie viele Probleme man damit lösten könnte, beschreibt Teresa Bücker nachvollziehbar in „Alle_Zeit“. Zeit zu schenken ist wohl etwas vom Kostbarsten. Lesezeit schenken ist auch gut.

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Denkt daran - kleine lokale Buchhandlungen können alle Bücher bestellen und liefern teilweise auch nach Hause oder packen Bücher auch gleich als Geschenk ein.

In den nächsten Tagen gibt es übrigens noch mehr Buchtipps. Auch auf Instagram!

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