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Eine Person spielt an einem Gamecontroller.

CC BY-SA 2.0, flickr.com, User Michael Coghlan ("mikecogh")

Wichtige Momente und Spiele der Gameskultur 2019

Das vergangene Jahr hat Spieleperlen wie „Disco Elysium“ oder „Tetris 99“ hervorgebracht, das neue Genre Autobattler begründet und erfolgreiche Charity-Aktionen über die virtuelle Bühne gehen lassen.

In Kulturbereichen neigt man gegen Jahresende immer dazu, sich in Best-of-Listen, Countdowns und Namedroppings zu verlieren. Das ist ebenso erwartbar wie reizvoll - schließlich ist in den vergangenen zwölf Monaten auch viel veröffentlicht worden. Prägnanter ist es jedoch, wenn Redakteurinnen und Redakteure ihre subjektiv wichtigsten Momente, Ereignisse und natürlich auch Produkte des Jahres (ein weiteres Mal) vor den Vorhang holen. Und so machen wir es nun mit dem FM4 Spielkulturressort: Rainer Sigl, Conny Lee und Robert Glashüttner präsentieren ihre persönlichen Gaming-Highlights aus 2019.

Rainer Sigl

„Disco Elysium“

Die Bar des abgerissenen Hotels hier am Hafen ist mäßig besucht, betrunkene Gewerkschafter und wortkarge Säufer starren in ihre Gläser. Und dann: mein Auftritt. Eine Diskokugel wirft tanzende Lichtflecken, die Musik beginnt, und ich singe mit der Intimität der Verzweiflung mein Lied, als würde mein verpfuschtes Leben davon abhängen. Und vielleicht tut es das ja sogar. Im Ausnahmerollenspiel „Disco Elysium“ habe ich als abgehalfterter, alkoholkranker, halb wahnsinniger Polizist einen Mordfall zu lösen, doch dieser Auftritt auf der Karaokebühne des Hotels, in dem ich mein Zimmer verwüstet habe, ist ein Universum für sich. „The Smallest Church in Saint-Saëns“ heißt das düstere Lied, das mein Antiheld hier herzzerreißend traurig intoniert, und spätestens da weiß man es: „Disco Elysium“ war eines jener Spiele 2019, von denen man noch Jahre später sprechen wird.

FM4-Artikel zu „Disco Elysium“

Disco Elysium

ZA/UM

„Control“

Videospiele sind bekanntlich nicht nur Gegenstände, sondern auch Orte, und manchmal sogar ganz, ganz besondere. Das älteste Haus im Mystery-Action-Thriller „Control“ ist so ein Ort, der lange im Gedächtnis bleibt: ein seltsam entrückter Wachtraum aus brutalistischer moderner Architektur, Sechzigerjahre-Interieurs und einer Atmosphäre zwischen Kafkas „Schloss“ und „Akte X“. Hier verbindet sich die betongewordene Bürokratie des titelgebenden Federal Bureau of Control mit transdimensionaler Seltsamkeit, wie sie auch Fox Mulder kaum gepackt hätte. Brutalismus ist eine architektonische Richtung des 20. Jahrhunderts, in der Rohbeton die Hauptrolle spielt (französisch beton brut). Er eignet sich in seiner simplen, aber eindrucksvollen Geometrie besonders gut als Kulisse für Videospiele. Allein für den Spaziergang durch diese atemberaubende Architektur hat sich der Kauf des Spiels der „Max Payne“-Macher 2019 gelohnt.

FM4-Artikel zu „Control“

Game Control

Remedy Entertainment

„Sekiro: Shadows Die Twice“

Die Spiele des japanischen Kultstudios From Software, das durch die Titel „Dark Souls“ und „Bloodborne“ berühmt geworden ist, spielten bislang immer in europäischen Settings. Die waren für das fernöstliche Publikum wohl ebenso exotisch wie jenes seines neuen Spiels für den Rest der Welt: Das Spiel „Sekiro: Shadows Die Twice“ spielt im Japan des 16. Jahrhunderts und zeigt die mythisch-faszinierende Welt der Samurai, Shogune und Ninja-Attentäter. Im Unterschied zu „Dark Souls“ & Co kommt unser Held diesmal dank Kletterhaken auch hoch hinaus, und zwar wirklich: Wenn man das erste Mal auf dem höchsten Dach des beeindruckend riesigen Teakholz-Palasts ankommt, stockt einem der Atem. Die Dächer von Pagoden, Kasernen und Palästen glitzern schneebedeckt unter uns, und der Tod ist immer nur eine Sekunde des Zögerns entfernt.

FM4-Artikel zu „Sekiro: Shadows Die Twice“

Sekiro

From Software

Conny Lee

„Tetris 99“

1984 hat der Russe Alexei Paschitnow ein Computerspiel entwickelt, das bis heute einer der größten und Generationen-übergreifenden Klassiker der Videospielgeschichte ist: „Tetris“. Man muss das Rad aber nicht immer neu erfinden, um Aufsehen zu erregen, und so hat es Nintendo 35 Jahre später geschafft, aus einem einfachem Rad ein ganzes, sehr erfolgreiches Radrennen zu machen. Die Rede ist von „Tetris 99“. In diesem etwas anderen Battle Royale sortieren wir die „Tetris“-Blöcke mit 98 anderen Playern um die Wette. Man kann sich gegenseitig angreifen, und dann tauchen unsere abgebauten Blöcke auf den Feldern der Gegenspieler*innen wieder auf und verschieben ihren Turm gefährlich weit nach oben. Das geht solange, bis nur noch eine Person übrig ist. „Tetris 99“ bietet einen wirklich frischen Zugang zum Spiel, und dabei ertönt auch wieder die altbekannte Melodie vom Game Boy und holt einen verschüttet geglaubten Ohrwurm zurück.

FM4-Artikel zu „Tetris 99“

"Tetris 99"

Arika / Nintendo

„Beat Saber“ im FM4 Spielekammerl

Die Musik ist auch das zentrale Element in einem anderen Spiel, das mir heuer die Socken ausgezogen hat: das VR-Game „Beat Saber“. Im Rhythmus der Musik kommen farbige Blöcke auf einen zugeflogen, die man mit zwei Lichtschwertern zerschlagen muss. Ein Spiel mit so hohem Suchtfaktor ist mir schon lange nicht mehr untergekommen. Das konnten wir auch beim Ars Electronica Festival beobachten. Dort hatten wir nämlich unser FM4 Spielekammerl inklusive VR-Setup aufgebaut, und sobald „Beat Saber“ gespielt wurde, hat sich immer eine lange Schlange an interessierten Menschen gebildet. Wer es gespielt hat, wollte gar nicht mehr aufhören. Sogar anderen beim Spielen Zuschauen hat eine hypnotische Wirkung. Die fünf Tage des Festivals hindurch wurde „Beat Saber“ auch nie langweilig. Wobei es relativ egal ist, zu welcher Musik man es spielt. Denn ist man mal im Lichtschwert-Kampf-Flow drinnen, vergisst man rundherum alles. Genau dafür ist VR gemacht.

Übrigens danke an dieser Stelle an alle, die uns beim Ars Electronica Festival und bei der Game City im FM4 Spielekammerl besucht und mit uns gespielt haben und natürlich auch ein großes High-Five an jene Menschen, die uns immer wieder in unseren FM4 Spielekammerl-Shows auf Twitch zusehen und unserem Kanal twitch.tv/radio_fm4 folgen.

Beat Saber

Hyperbolic Magnetism

Robert Glashüttner

Charity-Stream von Hbomberguy

Ende Jänner 2019 hat der englische Kultur- und Politik-Youtuber Harris Brewis alias Hbomberguy einen bemerkenswerten Marathon gestartet: Zugunsten der NGO Mermaids, die Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit Geschlechtsidentitätsstörung berät und unterstützt, hat er das alte Nintendo-Game „Donkey Kong 64“ in einem Charity-Livestream auf Twitch auf einen Satz durchgespielt. Das hat rund 58 Stunden gedauert uns insgesamt beinahe 350.000 US-Dollar an Spenden eingebracht. Einige bekannte Personen aus unterschiedlichen Bereichen wie Kultur oder Politik haben sich während der drei Tage live im Stream unterstützend zu Wort gemeldet.

An dieser Stelle auch nochmal ein herzliches Danke für alle, die bei einem anderen tollen Charity-Stream mitgemacht haben, und zwar „Charity Royale“, bei dem über 27.000 Euro an Spenden für FM4 für Licht ins Dunkel zusammengekommen sind.

Charity-Livestream von Hbomberguy im Jänner 2019

Hbomberguy / Twitch

Neues Genre Autobattler

Im Jänner fiel auch der Startschuss für ein komplett neues Game-Genre: der sogenannte Autobattler, wo man sich seine Figuren aussucht und sie auf einem Schachbrett-artigen Feld aufstellt, wo sie dann automatisch gegeneinander kämpfen. Am Anfang war das natürlich noch keine eigene Spielegattung, sondern bloß eine user-generierte Karte im populären Game „DOTA 2“. Doch schon bald war klar, wieviel Potenzial hinter dieser Idee steckt. Im Laufe des Jahres folgten nach dem Original „Auto Chess“ die Spiele „Teamfight Tactics“, „DOTA Underlords“ und schließlich „Hearthstone Battlegrounds“.

FM4-Artikel über „Auto Chess“

"Teamfight Tactics"

Riot Games

Neuer Aboservice Apple Arcade

Im März wurde ein neuer Games-Abo-Dienst angekündigt, Mitte September ist er dann live gegangen: Apple Arcade bietet ein gut kuratiertes Angebot an teils verblüffend innovativen Indiespielen. Man zahlt rund fünf Euro pro Monat und bekommt dafür unlimitierten Zugang zur Bibliothek – ohne jegliche In-Game-Käufe. Als Apple Arcade erstmals mit rund 70 Spiele online gegangen ist, war das ziemlich überfordernd, denn da waren so viele neue, großartige Titel dabei, die alle gespielt werden wollten. Etwa die bezaubernde neonfarbene Emotions-Ekstase namens „Sayonara Wild Hearts“, wo ein weiblicher Teenager als glamourös-kämpferische Tänzerin mit Longboard und Motorrad wilde Dimensionsrasereien vollzieht.

FM4-Artikel über Apple Arcade

Handy, das mit dem Controller gekoppelt wird und als Bildschirm dient

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