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Sadio Mane im Senegal-Trikot

APA/AFP/MOHAMED EL-SHAHED

Blumenaus Fußball-Journal

Afrika, Next Generation

Beim Afrika-Cup in Ägypten sind Hausherren, Favoriten und Stars bereits im Achtelfinale raus. Jetzt schaut alles auf Senegal.

Von Martin Blumenau

Ausgeschieden im Achtelfinale des Afrika-Cups 2019 sind also: der Rekordgewinner, der Rekordfinalist, überhaupt die drei Mannschaften, die gemeinsam mehr Titel haben als alle anderen zusammen, dann noch der Titelverteidiger und sein Finalgegner von 2017 und gleich vier der sechs Vorrunden-Gruppensieger. Und zu allem Überdruss auch noch der Veranstalter.

Zuletzt zum Afrika-Cup in Blumenaus Fußball-Journal, das jetzt wieder regelmäßig erscheint: Analyse der Kämpfe um die globalen Fußball-Rechte.

Zuletzt zur Frauen-WM: Bilanz und Ausblick, alles zum Halbfinale, zwei deutsche Niederlagen im Vergleich, Vorweggenommene Finalspiele zum Viertelfinale Frankreich - USA sowie Frauen-Fußball wird wie Männer-Fußball und das ist nicht nur gut so. Davor: Zur Untrennbarkeit von Fußball und Politik. Und das war die Vorrunden-Bilanz der Frauen-WM, nach einem ersten Blick und einem zweiten auf Deutschland vs Spanien.

Zuletzt im Journal: Warum andere Sportarten den politisch besser vernetzten heimischen Fußball hassen, am aktuellen Beispiel in Linz. Und: Germanys Next Bundesliga-Coach - die heimische Liga als Versuchs-Labor. Dazu auch eine Analyse der Position der Chef-Coaches und die Bilanz der letzten Saison, alles über die systematische Analyse-Verweigerung nach der U21-EM. Die Nachlese zur Niederlage der U21 gegen Dänemark: Nachträgliche Relativierung und die Analyse des Sieges über Serbien. Davor Texte über den letzten Test vor Beginn der ersten U21-Euro an der der ÖFB teilnehmen darf. Und eine Nachlese zum Finale.

Zuletzt zur Copa America: alles zum Halbfinale Brasilien - Argentinien, eine erste Bilanz und eine Preview.

Außerdem: Vorteil Dänemark: Fußball im digitalen Zeitalter; eine Analyse der Hahnenkämpfe um die globalen Fußball-Rechte anlässlich des Afrika-Cups, eine Analyse der geschlossenen Gesellschaften im Fußball Closed Shop – am Beispiel der beginnenden UEFA-Bewerbe und des Trainingsbeginns der Liga-Meisterschaft.

Plus: Nachbetrachtung zum Mazedonien-Ausflug des ÖFB-Teams sowie Preview und Nachlese zum Slowenien-Länderspiel.


Das sind die Vorgängertexte, egal ob als #dailyblumenau auf der neuen oder der alten Website, oder im langjährigen Journal. Regelmäßiges zu diesen Themenfeldern abseits des Fußballs folgt im Herbst.

Das sind zwar alles zusammen „nur“ Ägypten, Kamerun, Ghana, Marokko und Mali - es ist aber schlimm genug. Vor allem weil mit dem Aus für die Gastgeber und Mo Salah, dem Superstar des Kontinents, jetzt auch die Stimmung ausbleiben wird.

Geblieben sind die drei in der aktuellen FIFA-Weltrangliste bestgerankten afrikanischen Nationen: Senegal, Tunesien und Nigeria. Dazu die gerade im Umbruch befindlichen Ivorer und Algerien. Und drei krasse Außenseiter: die seit Jahren in der Krise steckenden Südafrikaner, die sich mit dem Sturz Ägyptens vielleicht in ein neues goldenes Zeitalter katapultiert haben, sowie der Benin und die bislang auf keiner fußballerischen Landkarte existenten Kicker aus Madagaskar, die nach dem Gruppensieg vor Nigeria die Alt-Macht DR Congo ausschalten konnten.

Dessen jugendlich-schicker Präsident Andry Rajoelina, ein ehemaliger DJ, Veranstalter und Fernsehsender-Betreiber, der sich schon einmal an die Macht geputscht hatte und letztes Jahr regulär gewählt wurde, surft auf der Ehrentribüne auf der aktuellen Erfolgswelle mit und wird sie politisch benutzen.

Dort ebenso immer wieder im Bilde: die vom Kontinentalverband CAF für diesen Afrika-Cup ernannten Ambassadors. Das sind Altstars wie Samuel Eto’o (Kamerun), Nwankwo Kanu (Nigeria), El Hadji Diouf (Senegal), der in der China-Liga abgetauchte (hallo MA7!) Yaya Toure sowie Didier Drogba (Côte d’Ivoire) und, für die Älteren, der Algerier Rabah Madjer, die Ferse von Wien und Mahmoud „Bibo“ El Khateeb aus Ägypten.

Drogba und Eto’o waren bis vor kurzem noch aktiv, dominante Figuren ihrer Teams, die (ganz im Messi-Style, nach Gutsherren-Art) verlangten, dass die Mannschaften sich ihnen anpassen sollten. Alte Schule also.

Die neuen Stars sind da anders: Mo Salah und Sadio Mane von Liverpool, Riyad Mahrez von Man City, Hakim Ziyech von Ajax oder Thomas Partey von Atletico sind mannschaftsdienliche Akteure, Superstars einer neuen, nächsten Generation, die sich selber weniger wichtig nimmt als das Team.

Diese Next Generation verschiebt gerade das Gesamtgefüge des afrikanischen Fußballs. Die Lust-und-Laune-Ausfälle der Vorgänger-Generation, die sich just dann einstellten, wenn sie mit ihren Nationalmannschaften unterwegs waren, sind einer ganzheitlichen Berufsauffassung gewichen. Die neuen Stars machen keinen Unterschied mehr zwischen den millionenschweren Brot-Jobs in Europa und den Nationalteam-Ausflügen in der alten Heimat. Auch weil es in immer mehr Fällen nur noch die alte Heimat der Eltern ist. Immer mehr der Spieler, die für afrikanische Nationen auflaufen, sind bereits in Europa geboren.

Auch der Afrika-Cup of Nations, diese seit 1957 ausgespielte Kontinentalmeisterschaft, hat sich geändert. Er dient immer mehr Repräsentationszwecken, wirkt wie eine für den europäischen Markt inszenierte Außenhandelsbilanz. Dem europäischen Einfluss (sprich: Druck) ist ja auch der kalendertechnische Umzug des Afrika-Cups in den hitzigen Hochsommer geschuldet: davor fand der CAN meist im Jänner, zu klimatisch besseren Bedingungen statt. Seit 10 Jahren gibt es einen mindestens ebenso populären Wettbewerb, die African Nations Championship, bei der nur in Afrika aktive Spieler teilnahmeberechtigt sind, echte local heroes.

Auch deshalb (und wegen der nicht leistbaren Ticketpreise) sind die teilweise malerisch anzusehenden Stadien in Kairo, Ismaili, Alexandria und Suez (und das ist alte Afrika-Cup-Tradition) dann, wenn das Heimteam nicht am Start ist, schwach gefüllt. Und dann kommt es zu seltsamen, stimmungslosen Matches, in denen dann etwa die in der Vorrunde dominanten Marokkaner (mit Topstars wie Hakimi, Saiss oder Ziyech) gegen den am letzten Drücker durchgewurschtelten Außenseiter Benin ausscheiden. Oder das uninspirierte Aufeinandertreffen der dann letztlich glücklicheren Ivorer, die sich gegen den Geheimfavoriten Mali (mit den aus Salzburg bekannten Samassekou, Koita und Haidara, samt Moussa Marega von Porto) durchsetzen.

Die Viertelfinals im Afrika-Cup 2019: Senegal - Benin und Nigeria - Südafrika finden am Mittwoch, Algerien - Côte d’Ivoire und Tunesien - Madagaskar am Donnerstag (jeweils 18 bzw. 21 Uhr) statt.

Auch unter der Kategorie „mühsam anzusehen“ fiel das erst im Elferschießen entschiedene Duell zwischen Tunesien und Ghana.
Wirkliche Rasanz hatten nur die beiden Achtelfinals vom Samstag: der wilde Tanz zwischen Ägypten und Südafrika und das Nachbar-Duell zwischen Nigeria und Kamerun. In diesem Giganten-Treffen, das so früh passierte, weil beide in ihren Gruppen nur Zweite wurden, wechselte die Führung dreimal, vieles kam unerwartet, fast alles hatte Klasse und vor allem Spannung. Vielleicht war es die eine Spur höhere Klasse von Omeruo, Ndidi, Kapitän Musa, Iwobi und vor allem Ighalo (und schon wieder einer, der in China spielt!), die sich gegen die von Onana und Choupo-Moting durchsetzen konnte.

Der entscheidende Faktor für Ägyptens Aus gegen ein von der ersten Sekunde an bockig anrennendes Südafrika war wohl, dass die Gastgeber ihren Gegner auch während des laufenden Spiels unterschätzten; als wollten sie nicht dran glauben, dass es überhaupt möglich wäre dieses Spiel zu verlieren.

Wirklich sicher und klar konnte sich nur Algerien (gegen Guinea ohne den verletzten Naby Keita) durchsetzen. Als Top-Favorit gilt jetzt dennoch eine Mannschaft, die sich auch nur mehr als mühevoll (und das gegen die limitierten Spieler aus Uganda) qualifizieren konnte: Senegal.

Die Westafrikaner sind zwar eines von drei Teams, die bereits ein WM-Viertelfinale erreichten, aber die einzigen der größeren Namen und üblichen Verdächtigen, die den kontinentalen Titel noch nie gewonnen haben. Und mit der Generation um Superstar Sadio Mane (auch so ein Ex-Salzburger), Kalidou Koulibaly (der mit Napoli Salzburg aufhielt), Keita Balde, Salif Sane oder Stürmerstar Niang bietet sich jetzt eine einmalige Chance. Die Papierform spricht für ein Finale gegen Nigeria oder Algerien. Aber die Papierform war bei diesem Afrika-Cup bisher das Papier auf der sie aufgekritzelt war, nicht wert.

Den Text gibt’s auch zum Anhören als Podcast.

Blumenaus Fußball-Journal 090719

PS, weil’s sich’s grad anbietet

Ich behandele den Afrika-Cup hier auf der FM4-Site schon seit gefühlten Jahrzehnten, aus einem Bündel von Gründen: zum einen, weil’s sonst niemand tat, obwohl er im TV zu sehen war, zum anderen, weil der CAN immer auch politische Entwicklungen spiegelt und mich indirekt am Laufenden hält oder zum dritten, weil es immer was zu entdecken gilt.

Und von Beginn an gab es Maulereien und Fragen nach dem Sinn, hinter denen sich schlichte Abwertung versteckte. Der afrikanische Fußball wäre zu schlecht, zu wenig athletisch, zu wenig strategisch. Die Torhüter hätten kein Niveau, die meisten Spieler eh auch nicht.

Alles Gejammer, das ich dann in den letzten Jahren fast wortident zum Thema Frauenfußball gehört habe. Weil es oft und gern so ist, dass sich Rassismus ebenso wie Sexismus gerne hinter scheinbaren Qualitäts-Debatten versteckt, anstatt sich mit dem Objekt auseinanderzusetzen, neugierig und vorurteilsfrei.

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